Mi, 6. Oktober 2010,
Tag 205
Heute
war es besonders schlimm gewesen. Direkt schon nach dem Aufstehen war er
zusammengebrochen. Er hatte sogar Blut gespuckt und voller Angst hatte er die
roten Schaumbläschen betrachtet, die im Taschentuch waren. Dennoch, er durfte
nicht mehr zum Arzt, nicht mehr in die Klinik, sie würden sonst sein Geheimnis
lüften, das er im Schuppen bewahrte. Noch immer hatte er es Mia verschwiegen,
noch immer schleppte er sich zumindest einmal täglich hinüber und die
Verhandlungen waren drängender geworden. Troka hatte seinen Zustand erkannt,
sie unterhielten sich nun öfter durch einen schmalen Spalt in der Türe und
Troka hatte Angst, dass ihm etwas passieren würde. Ron versicherte ihm, sobald
es ihm schlechter ginge, würde er sie freilassen und seitdem musterten sie ihn
wie ein Insekt in einem Terrarium. Nicht ER beobachtete sie, sondern sie
beobachteten nun IHN und er kam sich verdammt unsicher vor.
Mia
war in der Küche. Sie hatte einen kleinen Fernseher gekauft, bestellt, und er
war geliefert worden, seitdem schaute sie in der Küche fern. Sie tat es aus
Rücksicht auf ihn, denn er schlief immer öfter auf dem Sofa ein und sie wollte
ihn mit ihren Sendungen nicht stören.
Die
Hitze hatte nachgelassen. Es waren erträgliche 20 Grad, aber er litt immer
noch. Am schlimmsten waren diese unkontrollierten Schüttelanfälle. Dann
verkrampfte sein Körper, sein Herz raste und er musste sich schütteln, zitterte
am ganzen Körper und dann brach er erschöpft zusammen. Er wog nicht mehr viel,
war nicht nur schlank, sondern dünn geworden. Mit seinen einhundertachtzig
Zentimetern wog er nur noch achtundfünfzig Kilogramm und die Kleidung
schlotterte an seinem Körper wie bei einem alten Mann. Seine Wangen waren
eingefallen und seine Haare grau und spröde. Er sah aus wie sechzig, obwohl er
bald erst vierundvierzig wurde. Mia dagegen schien aufzublühen. Sie wirkte
jünger, lebenslustiger und sie war wie ausgewechselt. Er glaubte, es hätte
damit zu tun, dass sie ihn aufheitern wollte, ihm zeigen wollte, wie schön das
Leben doch war und er nicht aufgeben dürfte und er riss sich ihr zuliebe auch
zusammen. Nur wenn er alleine war, gönnte er sich ein paar Tränen oder stöhnte
schmerzvoll, bei ihr stand er seinen Mann.
Er
legte sich wieder auf das Sofa, sein Taschentuch versteckte er. Mia sollte das
Blut nicht sehen. Er dämmerte dahin. Er hörte, wie ein Lieferwagen kam und
dachte nur dass er ja noch mit Mia über diese ewigen Bestellungen sprechen
wollte, aber dann schlief er ein. Es war einfach übermächtig, er konnte es
nicht kontrollieren, der Schlaf war einfach stärker. Er konnte auch nicht wissen,
dass er eine gehörige Portion Schlafmittel in seinem Tee gehabt hatte, er war
in einem halbwachen Zustand und er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war,
als er den Lieferwagen wieder abfahren hörte. Er meinte, es wären nur Minuten
gewesen, aber es war fast eine Stunde vergangen.
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